Kunst & Kultur

Die Kulturgeschichte des Weihnachtsbaumes

Wie kommt es eigentlich, dass sich Millionen Menschen hierzulande und weltweit einen gefällten Nadelbaum kaufen, ihn an einem Ehrenplatz im Wohnzimmer aufstellen und mit reichlich Schmuck behängen? Annette Seemann hat die Geschichte des Weihnachtsbaums aufgeschrieben.

Annette Seemann: Lichterglanz und Tannengrün. Eine Kulturgeschichte des Weihnachtsbaums, 120 Seiten, Wartburg-Verlag 2018, 10 Euro.
Annette Seemann: Lichterglanz und Tannengrün. Eine Kulturgeschichte des Weihnachtsbaums, 120 Seiten, Wartburg-Verlag 2018, 10 Euro.

Spätestens, wenn Anfang Januar wieder die Gerippe abertausender bröselnder Weihnachtsbäume Bürgersteige und Hauseingänge überfluten, stellt sich der eine oder die andere im Vorübergehen die Frage: wozu das Ganze? Wie wurde der Weihnachtsbaum zum zentralen Element des christlichen – und ebenso des konfessionslosen – Weihnachtsfests?

Dieser Frage geht Annette Seemann in ihrem Buch „Lichterglanz und Tannengrün. Eine Kulturgeschichte des Weihnachtsbaums“ nach. Das hübsch gestaltete, handliche Büchlein hat es auf knapp 100 Seiten in sich: Umfangreich recherchiert und mit Quellen belegt, wird die Geschichte aufgerollt, von den vorchristlichen Bräuchen, Zweige zu schmücken über die Entstehung des Weihnachtsfestes überhaupt, von Verbindung von Krippenspiel und Baum.

Hierbei räumt die Autorin mit zwei landläufigen Mythen auf. Weder ist der Baum eine „uralte Tradition“, wie oft behauptet wird, denn wirklich flächendeckend, konfessions- und vor allem klassenübergreifend verbreitete er sich erst am Ende des 19. Jahrhunderts im gesamtdeutschen Raum. Und es stimmt auch nicht, dass Martin Luther den Baum etabliert habe. Besonders spannend liest sich, wie der Baum in der Kaiserzeit, während des Erstem Weltkriegs und im Nationalsozialismus als verbindende „urdeutsche Tradition“ instrumentalisiert und seines religiösen Hintergrunds beraubt wurde.

Die erste Hälfte des Buches ist ziemlich quellenlastig – was aber gleichzeitig einen Beweis für die Sorgfalt der Autorin liefert. Ab der zweiten Hälfte werden die Beispiele anschaulicher und die Sprache leichter. Leider konzentrieren sich die Bildnachweise neben wenigen historischen Abbildungen auf Fotos aus heutiger Zeit. Dabei wäre es spannend gewesen, zu sehen, wie der U-Boot-Schmuck an den Zweigen und die Pickelhaube auf Weihnachtsbaumspitzen der Kaiserzeit ausgesehen haben.

Schön ist, dass die Autorin am Ende auch die Frage nach der Nachhaltigkeit stellt und Alternativen zum geköpften Baum aufzeigt – und zwar solche, die nicht aus Plastik sind.

Das Buch ist ein gelungenes Geschenk für geschichtsbewusste Protestanten, Baumfreundinnen, und Kulturinteressierte.


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Janina Zepter 1 Artikel

Janina Zepter ist freie Autorin und lebt in Offenbach.

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