Kunst & Kultur

Die Orgel des Monats November: Die Orgel der Stephanuskirche in Unterliederbach

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Ein musikalischer Schatz mit vielen Facetten, verpackt in einem kompakten Gehäuse ist die Orgel aus dem Jahr 2012.

Ein Instrument aus dem Hause Fischer & Krämer  |  Foto: Stefan Küchler
Ein Instrument aus dem Hause Fischer & Krämer | Foto: Stefan Küchler

Allmonatlich wird 2021 im Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach eine Orgel vorgestellt. Hintergrund ist das „Jahr der Orgel“, das die Landesmusikräte ausgerufen haben. Im Monat November rückt das Instrument der Evangelischen Kirchengemeinde Unterliederbach in den Fokus.

Inmitten einer Grünanlage am Liederbach, zwischen Nachkriegssiedlungen gelegen, steht die Unterliederbacher Stephanuskirche. Ein beeindruckendes Bauwerk, das von zwei großen Fensterwänden geprägt wird, die die Stephanusgeschichte abbilden. Der Bau dieser Kirche war nötig geworden, weil sich die Gemeindegliederzahl nach dem Krieg beträchtlich erhöht hatte und die barocke Dorfkirche zu klein geworden war. 1964 wurde sie in den Dienst genommen und mit ihr die Orgel aus der Werkstatt des Hoechster Orgelbauers Heinrich Wilhelm Voigt.

Dieses Instrument war optisch durchaus innovativ konzipiert. Die Orgel war an der Rückwand der Empore fast über die gesamte Breite aufgestellt, die einzelnen Werke der Orgel nebeneinander angeordnet. Dabei blieb das Instrument klanglich dem Zeitgeschmack entsprechend der Orgelbewegung verhaftet – „neobarock langweilig“ wie es ein Zeitzeuge charakterisiert.

Schon bald wurde versucht, mit dem Einbau eines Schwellers nachzubessern; im Zuge einer Überholung Anfang der neunziger Jahre sollten kleinere Eingriffe das Instrument klanglich interessanter gestalten. Eine tiefgreifende Verbesserung stellte sich allerdings nicht ein.

Durch die breite Aufstellung blieb der wenig inspirierende Klang unfokussiert, die Spielanlage war nach wie vor widerständig und die Positionierung der Orgel erschwerte zudem das liturgische Zusammenspiel mit der Kantorei ebenso wie mit Instrumentalisten.

So entstand der Wunsch, ein neues Instrument für die Stephanuskirche zu gestalten, das auch der künstlerischen Bedeutung einer in der Zwischenzeit in der Gemeinde angesiedelten Propsteikantorenstelle Rechnung tragen konnte. Um die Kosten für einen Neubau nicht zu sehr in die Höhe zu treiben, wurde beschlossen, möglichst viel Pfeifenwerk der alten Orgel wieder zu verwenden. Anders als in der Thomaskirche in Frankfurt-Heddernheim (siehe Orgel des Monats September) ging es allerdings nicht um eine Reorganisation; die Aufstellung der Orgel wurde völlig neu konzeptioniert, der Werkcharakter mit gestaffelter Aufstellung von Haupt- und Schwellwerk in einem kompakten Gehäuse realisiert. So wurde auf der Empore Platz für die Kantorei geschaffen und ein vorgezogener Spieltisch erlaubt nun ein gutes Miteinander von Orgel und Chor.

Mit dem Neubau wurde die Firma Fischer & Krämer beauftragt, deren Mitarbeiter klanglich wahre Wunder vollbrachten. Viele alte Register konnten so neu-, aber auch umintoniert werden, dass eine Fülle von interessanten Klangfarben entstand. Abgestimmt auf den Raumklang der Kirche verfügt die Gemeinde nun über ein großes zweimanualiges Instrument mit 33 Registern, das die Darstellung einer Vielzahl von Musikstilen erlaubt. Deutsche Romantik, die Werke Johann Sebastian Bachs, Kompositionen der Moderne und auch Ausflüge in den Jazz, mit an Hammond-Orgeln erinnernde Klänge, können die Gemeinde nun im Gottesdienst wie im Konzert inspirieren.

So ist die Orgel der Unterliederbacher Stephanuskirche ein gelungenes Beispiel für das Modell „Neubau einer Orgel unter Verwendung alten Pfeifenmaterials“, das im kommenden März zehnjähriges Jubiläum feiern kann.


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