Kunst & Kultur

„Ein toller Mann“: Nikolaus als Europäisches Kulturerbe

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat in jedem Bundesland eine Nikolaus- und eine Marienkirche ausgewählt, um auf das Kulturerbe dieser Namen und der damit verbundenen Geschichte hinzuweisen. Für Hessen ist die Alte Nikolaikirche am Frankfurter Römerberg dabei.

Auf Pappkartons kann man sich noch bis Oktober über die Herkunft und  Geschichte des "Nikolaus" informieren.. | Foto: Ilona Surrey
Auf Pappkartons kann man sich noch bis Oktober über die Herkunft und Geschichte des "Nikolaus" informieren.. | Foto: Ilona Surrey

Betritt man die groß angekündigte Ausstellung „Bei deinem Namen genannt: Nikolaus“ in der Alten Nikolaikirche auf dem Römerberg ist man zunächst etwas enttäuscht: Da stehen nur ein paar beschriftete und mit historischen Nikolauszeichungen versehene Pappkartons?

Die eine oder andere Besucherin bleibt trotzdem stehen, um zu lesen, was darauf geschrieben steht: „Sharing heritage“ , erfährt sie etwa, „heißt 2018 das erste Europäische Kulturerbe-Jahr. Es lenkt den Blick auf die Schätze und die Schönheit der kulturellen Vielfalt Europas." 

Die Idee zu der Aktion hat das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit zahlreichen Partnern entwickelt, einer davon ist die Evangelische Kirche Deutschland (EKD). Weil sich in der Benennung von Orten, Gebäuden und Personen vielfach kulturelles Erbe zeigt, kam sie auf die Idee, in je einer Nikolaus- und einer Marienkirche in jedem der 16 Bundesländer Deutschlands eine Ausstellung zu zeigen, die auf den Bedeutungszusammenhang dieser Namen eingeht. Die ausgewählten Orte stehen für ein großes Netz an Kirchen, die deutschland- und europaweit mit diesen Namen und ihrer Ausstrahlung verknüpft sind.

Einer dieser Orte ist die Alte Nikolaikirche in Frankfurt, bei der natürlich „Nikolaus“ im Fokus steht. Über ihn erfährt man in der Ausstellung: „Nikolaus von Myra ist in der Tradition Europas gemeinsam mit Martin einer der wichtigsten heiligen Männer ist, der über die Christenheit hinaus bekannt ist. Besonders seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft machen ihn berühmt. Bis zur Reformation war er der schenkende Freund der Kinder. Dann führte Martin Luther das Gaben bringende Christkind ein. Nikolaus wurde sein Vorbote. Man feierte ihn am 6. Dezember. „Nikos“ bedeutet griechisch „Sieg“ und „laos“ „Volk“ - Niklaus bedeutet also „Sieg“ oder „Glanz des Volkes“. Seine Nähe zum Volk trägt er im Namen. Er starb um 350 als Stadtbischof von Myra (die heutige türkische Stadt Demre). Man erkennt ihn an der Bischofskleidung mit Mitra und Krummstab, dem Symbol der Hirten.“

Die Ausstellung auf nachhaltig wiederverwendbaren Altpapierkartons sei bewusst nicht groß angelegt, sagt Johann Hinrich Claußen vom Kulturbüro der EKD. Sie soll ein Impuls sein, sich mit Nikolaus und darüber hinaus mit der Herkunft des eigenen Namens zu beschäftigen.

Es lohnt sich tatsächlich, diesen Anstoß aufzugreifen. Besonders auch für Schulklassen: Das Kulturbüro der EKD hat Lehrermaterial entwickelt, das eine Linie von Namen zu kultureller Identität, Heimat und Europa zieht. 

„Der echte Nikolaus, Bischof von Myra, war ein toller Mann“, sagt Gemeindepfarrerin Andrea Braunberger-Myers. „Er engagierte sich für die Armen, kämpfte gegen Todesurteile und Justizirrtümer, verhinderte Plünderungen und eine Hungersnot. Er interessierte sich in der Nachfolge Christi nicht für ein Gruppe oder Partei, sondern für das Wohl aller Menschen. Nicht alles ist Legende.“

Deshalb findet es die Pfarrerin auch gut, dass die Ausstellung noch bis zum 19. Oktober in ihrer Kirche zu sehen ist: „Nikolaus ist weit über den Advent hinaus und vor allem jenseits seines Coca-Cola-Images interessant.“

Kleine Nikolaus-Darstellung oben im Dach der Alten Nikolaikirche. Insgesamt ist der Heilige in und an der Kirche vier Mal abgebildet. | Foto: Ilona Surrey
Kleine Nikolaus-Darstellung oben im Dach der Alten Nikolaikirche. Insgesamt ist der Heilige in und an der Kirche vier Mal abgebildet. | Foto: Ilona Surrey

In die Alte Nikolaikirche kommen jährlich 100.000 Besucherinnen und Besucher. „Ich bin gespannt, was Menschen von überall her uns zur Ausstellung ins Gästebuch schreiben“, sagt Braunberger-Myers. „Das ist für uns immer ein Gradmesser.“

Die Pfarrerin erklärte auch, warum Nikolaus als Schutzpatron der Frankfurter Alten Nikolaikirche im Mittelalter mit Bedacht gewählt worden ist: Im 12. und 13. Jahrhundert als katholische Kirche erbaut, lag „Alt Nikolai“ damals noch näher am Main als heute. Der Heilige Nikolaus sollte sie vor Hochwasser schützen – er gilt auch als Schutzpatron der Seefahrer und Schiffbrüchigen.

Frankfurt war außerdem auch damals schon Messestadt , und Nikolaus ist auch Patron der Kaufleute und des Handels. Und er beschützte Arme und Hungernde. Passt also gut.

Viermal ist der Heilige Nikolaus in und an der im 16. Jahrhundert evangelisch gewordenen Nikolaikirche abgebildet: In der Kirche sieht man ihn klein, mit rotem Mantel, Mitra und Krummstab auf dem Schlussstein an der Decke. Außen auf der Nordseite segnet eine kleine steinerne, in die Kirchenwand eingelassene Nikolaus-Figur den Römerberg. Und auf der Süd- und Westseite spendet je ein steinerner Nikolaus den Armen Trost und Brot. 


Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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