Kunst & Kultur

Film des Monats: Nan Goldins Kampf gegen Oxycodin

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Oxycodin ist ein euphorisierendes Schmerzmittel, das schnell abhängig macht. In den USA hat das Problem längst epidemische Ausmaße, aber auch in Europa steigen die Zahlen. Der Dokumentarfilm „All the Beauty and the Bloodshed“ zeigt den Kampf der Fotografin Nan Goldin gegen das Geschäft mit der Droge.

Mit spektakulären Aktionen kämpfen Aktivist:innen gegen das Geschäft mit Oxycodin. | Foto: Studiocanal:
Mit spektakulären Aktionen kämpfen Aktivist:innen gegen das Geschäft mit Oxycodin. | Foto: Studiocanal:

Oktober 2018, ein betriebsamer Tag im New Yorker Metropolitan Museum. Im großen Lichthof der Altertums-Abteilung hat sich eine Gruppe nervöser Menschen versammelt. Gleich werden sie eine Menge imitierter Pillenfläschchen in das Wasserbassin werfen und Parolen rufen: „Sacklers lie – people die“, die Sacklers lügen, Menschen sterben. Die Sacklers sind eine Milliardärsfamilie, die nicht nur im Metropolitan, sondern in vielen großen Museen als großzügiger Stifter auftritt; ihr Name steht an der Wand des Lichthofs. Die Sacklers sind aber als Pharmahersteller auch verantwortlich für die „Opioidkrise“, einen der größten Medizinskandale der Geschichte: Das aggressiv vertriebene Schmerzmittel Oxycontin und seine Derivate haben Millionen Menschen abhängig gemacht und hunderttausende getötet. Prominenteste Kraft der Aktivistengruppe P.A.I.N., deren Ziel es ist, die Sacklers zur Rechenschaft zu ziehen, ist die weltberühmte Fotografin Nan Goldin. Der Dokumentarfilm „All the Beauty and the Bloodshed“ verfolgt Goldins Weg zurück: Was hat sie dazu gebracht, sich derart politisch zu exponieren?

Die Regisseurin Laura Poitras ist bekannt durch ihre Enthüllungsfilme über Edward Snowden und Julian Assange („Citizenfour“, „Risk“). In „All the Beauty and the Bloodshed“ kommt neben einer journalistisch-politischen Triebkraft eine genuin künstlerische ins Spiel. Dieser Dokumentarfilm ist vieles zugleich: Biografie einer Person des öffentlichen Lebens, Medienreflexion, Szene-Porträt – und eine Anleitung zum zivilen Ungehorsam. Poitras lässt die 69-jährige Nan Goldin ihr Leben rekapitulieren: von einer repressiven Vorstadt-Kindheit, die ihre ältere Schwester in den Selbstmord getrieben hat, über die Jahre, in denen Goldin mit ihrer emotionalen, zugewandten Kamera der LGBTQ*-Subkultur von New York Akzeptanz verschaffte, bis hin zu ihrem Engagement im Pharmaskandal. Wie die Regisseurin Goldins nachdenklichen Kommentar, ihre Fotoserien und Szenen ihres Lebens zu einer stimmigen, poetisch-politischen Erzählung verbindet – das ist selbst eine brillante ästhetische Leistung.

Der „Film des Monats“ der Evangelischen Filmjury kommt am 25. Mai ins Kino.


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