Kunst & Kultur

Martin Lücker: 40 Jahre an der Orgel von Sankt Katharinen

Bei der evangelischen Kirchenmusik an der Frankfurter Hauptwache stehen Veränderungen an. Weiterhin freuen kann sich das Publikum auf „30 Minuten Orgelmusik", montags und donnerstags, um 16.30 Uhr, mit Martin Lücker – ein Angebot mit vielen Fans.

Martin Lücker  - so wie ihn viele schätzen gelernt haben.
Martin Lücker - so wie ihn viele schätzen gelernt haben.

Vor Jahren schrieb der Musikwissenschaftler Peter Cahn über Martin Lücker, den Organisten von Sankt Katharinen: „Der Fall, dass der Kantor einer Hauptkirche vom Theater zur Orgelempore wechselte, erinnert eher an Biographien der Bachzeit als an heute übliche kirchenmusikalische Karrieren.“

Bevor der gebürtige Westfale Lücker am 1. April 1983 in der Kirche an der Frankfurter Hauptwache anfing, war er drei Jahre Korrepetitor und Kapellmeister an den Opernhäusern Detmold und Frankfurt. Und obwohl gerade mal 29 Jahre alt, hatte er da schon erhebliche Meriten erworben, eine Reihe an Preisen eingeheimst. Mit 21 schloss Martin Lücker die Berufsausbildung ab, Kurzschuljahre und ein übersprungener Jahrgang trugen zur Beschleunigung bei.

Seine Vorgängerin an Sankt Katharinen, Ingrid Stieber, empfahl den in Hannover bei Volker Gwinner und in Wien bei Anton Heiller an der Orgel ausgebildeten als ihren Nachfolger. Und nicht nur in Kirchenmusik war Lücker schon in jungen Jahren firm: In Boston studierte er Cembalo, in Detmold absolvierte er die Dirigentenklasse. Man könnte meinen, da wird jemand weiter von Ort zu Ort, von Genre zu Genre springen – hat Lücker aber nicht gemacht. Seit 40 Jahre ist er an Sankt Katharinen tätig, am 1. April 2023 steht das Dienstjubiläum an. Neben aller Neugierde, der Vielfalt an Interessen und Kontakten, „habe ich auch eine Konstanz“, sagt Lücker über sich selbst.

Diese Konstanz hat etwas hervorgebracht, das ihn für viele zu „dem Lücker“ gemacht haben: „30 Minuten Orgelmusik“, montags und donnerstags, 16.30 Uhr, in bester Qualität in der Sankt Katharinenkirche zu hören, pur und ohne Worte. Sie soll es auch weiter geben bei aller kirchenmusikalischen Zeitenwende an Katharinen.

Am 1. April tritt Klaus Eldert Müller in Sankt Katharinen sein Amt als Kirchenmusiker an, übernimmt von Michael Graf Münster und Martin Lücker. Graf Münster, Kantor der Gemeinde, verabschiedet sich in den Ruhestand, Martin Lücker wechselt in die Position des „Senior-Organisten“ – die „30 Minuten Orgelmusik“ bleiben seiner „Fan-Gemeinde“ erhalten und das ist keineswegs primär die Kirchengemeinde. „130 Leute kommen im Schnitt“, auch die Corona-Pause hat das nicht versiegen lassen.

Im Juli 2014 spielte Lücker die dreitausendste halbe Stunde Orgelmusik. Autorin Eva Demski schrieb zu diesem Anlass poetisch in Kleinbuchstaben „setzt euch auf die harten bänke und hört gut auf die geschenke die der martin lücker macht. aller heiligen töne pracht läßt er donnern, flüstern, singen – töne sind in allen dingen, damit unsere erdenohren himmlisch werden, neu geboren.“ Aus Lückers Händen ströme „wundervoller Gotteskrach“. Auch Leute wie der Gastronom Thomas Klüber gratulierten. Klüber, unter anderem Betreiber des nahe gelegenen Café-Restaurants „Walden“, schrieb, der „Orgelmarathon“ sei weltrekordverdächtig und: „Als Nebenprodukt hat er sich heimlich, still und leise in mein Herz geschlichen. Als Künstler, als Gast und als Mensch …“

Lücker ist ein Vielseitiger, davon hat die Gemeinde bei Gottesdiensten und BachVespern profitiert. Unzählige Konzerte hat er in Sankt Katharinen gegeben, dank seiner hervorragenden Vernetzung und der Qualität, für die er steht, kamen auch andere renommierte Musikkolleginnen aus nah und fern in die Katharinenkirche. Von 1998 bis 2016 lehrte Martin Lücker an der Frankfurter Hochschule für Musik und darstellende Kunst, so mancher talentierte Nachwuchs hat an der 1990 installierten Rieger-Orgel unter seinen Fittichen erste größere Auftritte absolviert.

Martin Lücker kann auch anders: Er hat im Gemeindehaus unterhalten, gab Opern-Einführungen, gestaltete Programm von Operette bis Musical. Profis aus seinem umfangreichen Adressbuch wirkten mit. Neues wagen, das hat Lücker immer wieder gemacht, jenseits der Kirche etwa in der Alten Oper mit der Performance-Künstlerin Marina Abramović 2019, doch auch in der Katharinenkirche, beispielsweise im Herbst 2022 mit der Reihe „Future Pipes – Orgelmusik für das 21. Jahrhundert“.

Seinen Bach versteht Lücker, dreimal hat er schon in Sankt Katharinen Johann Sebastian Bachs gesamtes Orgelwerk gespielt – und eben auch vieles andere.

Rita Meinecke, Mitglied des Kirchenvorstands der Sankt Katharinengemeinde, schreibt im aktuellen Gemeindebrief „Lücker zählt zu den wenigen Menschen, die immer einen Zugang zum Gegenüber finden“ und sie schließt: „Ein paar Konzerte fehlen noch, bis er die 4.000 ,30 Minuten Orgelmusik‘ voll hat. Es sollen noch viele mehr werden. Lücker muss das nicht machen. Welch Glück, dass er es dennoch tut!“


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Bettina Behler 291 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach