Leben & Alltag

Noah und Sophia: biblische Namen weiter im Trend

Viele der beliebtesten Vornamen in Deutschland haben einen biblischen Hintergrund. Das hat aber weniger religiöse Gründe, als vielmehr pragmatische.

Noah und Sophia waren voriges Jahr die Spitzenreiter der beliebtesten Vornamen.  |  Foto: Hendrik Schmidt, picture alliance/dpa
Noah und Sophia waren voriges Jahr die Spitzenreiter der beliebtesten Vornamen. | Foto: Hendrik Schmidt, picture alliance/dpa

Biblische Namen liegen nach wie vor schwer im Trend: Sophia und Noah sind voriges Jahr die beliebtesten Vornamen gewesen, die auf deutschen Standesämtern vergeben wurden.

Sophia ist das griechische Wort für „Weisheit“, die in der Hebräischen Bibel ein personifizierter weiblicher Aspekt Gottes ist. Noah wiederum war laut Bibel in Urzeiten der einzige Gerechte in einer heruntergekommenen Welt. Deshalb wurde er mit dem Bau einer Arche beauftragt und sorgte dafür, dass von allen Tieren ein Paar die Sintflut überlebte.

Auch viele weitere Top Ten-Namen haben einen biblischen Hintergrund: Hannah, Lena, Mia oder Matteo, Elias, Luca. Doch die Auswahl ist wohl in den seltensten Fällen religiös motiviert. Biblische Namen haben den ganz praktischen Vorteil, dass sie weltweit verbreitet sind. Deshalb haben sie in einer multikulturellen Gesellschaft bessere Chancen als altdeutsche oder nordische Namen wie Wilhelm oder Helga. Sie sind außerdem überkonfessionell und neutral, anders als Namen, die einer bestimmten Religion zugeordnet werden können, wie die (katholische) Teresa oder der (muslimische) Mohammed.

Aber Eltern achten bei der Auswahl nicht nur auf die inhaltliche Bedeutung. Auch die Phonetik spielt eine Rolle. Die Mainzer Linguistik-Professorin Damaris Nübling, die den empirischen Zusammenhang von Sprache und Gender erforscht, beobachtet schon seit geraumer Zeit einen Trend zur geschlechtlichen Annäherung von Vornamen.

Das spiegelt sich bereits in der Gesetzgebung wieder: Während früher Vornamen in Deutschland geschlechtlich eindeutig sein mussten, sind inzwischen auch uneindeutige Namen erlaubt wie „Lian“ oder „Toni“. Falschgeschlechtliche Vornamen sind jedoch weiterhin verboten, man darf also ein weibliches Kind nicht „Peter“ nennen und ein männliches nicht „Susanne“.

Ein weiterer Aspekt ist die so genannte „Genderphonographie“. Der Begriff bedeutet, dass wir bestimmten Lauten ein Gender zuordnen, auch wenn dieses Wort gar nicht existiert. In Tests wurden Phantasiewörter als Vornamen angeboten und die Proband:innen gefragt, ob das ein Jungen- oder ein Mädchenname ist. Zu 90 Prozent antworteten sie übereinstimmend.

Wir „wissen“ also, ob ein Wort „männlich“ oder „weiblich“ ist, auch wenn es das Wort gar nicht gibt. Und in diesem Zusammenhang ist auffällig, dass viele populäre Jungennamen heute durch ihre Endung auf „a“ phonetisch „weiblich“ klingen, etwa Luca, Jona oder eben Noah. Zwischen ihnen und Mädchennamen wie Mia, Lina oder Emma gibt es keine phonetischen Geschlechtsunterscheidungen mehr.

Wenn Mode und Lautmalerei gut passen, greifen Eltern daher auch zu unbiblischen Namen. „Emilia“ zum Beispiel, zuvor drei Jahre lang an der Spitze der Mädchennamen, geht auf den Famliliennamen der „Aemilier“ zurück, einer bedeutenden Patrizierdynastie im antiken Rom. Die männliche Form davon, „Emil“, ist ebenfalls in den Top Ten.


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Antje Schrupp 230 Artikel

Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social

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