Mit Händel durch die Pandemie
Bettina Strübel mag facettenreiche Konzertprogramme. Geistige Hintergründe der präsentierten Stücke aufzeigen, Bezüge zwischen den Religionen sichtbar machen – „sowas macht mir Spaß“, sagt die Offenbacher Dekanatskantorin. Mehrfach konnte es das Publikum schon erleben, bei Mendelssohns „Elias“ und anderen Werken.
Beim Händel-Oratorium „Messias“ wollte Strübel ihr Konzept ausweiten zu einer Veranstaltungsreihe. Die dreiteilige Anlage des Werkes bietet sich für eine Verteilung auf mehrere Konzerte geradezu an. „Denn dann muss man nichts kürzen“, sagt die Musikerin – was bei Aufführungen der Mammut-Komposition an einem Abend sonst die Regel ist.
Für 2020 hatte Strübel drei Konzerte mit der Offenbacher Kantorei konzipiert, die Händels Musik mit anderen Stücken kombinierten. Passend im Kirchenjahr platziert, von Passio/Ostern bis Weihnachten. Dazu drei thematische Gottesdienste mit dem renommierten Alttestamentler Rainer Kessler und Begleitveranstaltungen, etwa zu Messias-Vorstellungen in Christentum, Judentum und Islam oder weiblichen Gottesbildern.
Dann brach die Pandemie aus, kurz vor dem ersten geplanten Konzert Mitte März wurde Deutschland in den ersten Lockdown geschickt. Die Kantorin musste auf eine vollkommen ungewohnte Situation reagieren. „Mir war es wichtig, möglichst nichts ausfallen zu lassen“, betont sie. Wichtig für Chor und Konzertpublikum, aber auch für die engagierten Orchestermusiker und Solisten, von denen viele inzwischen beruflich umgesattelt haben, wie Strübel weiß. „Vor allem die Jüngeren – das erschreckt mich wirklich.“
Also entwickelten sich Variationen des ursprünglichen Konzeptes - Formate, die an die jeweils geltenden Corona-Regeln angepasst waren. „Es hat mir Spaß gemacht, kreativ zu sein“, sagt Strübel, und auch die Sängerinnen und Sänger der Kantorei hätten mitgezogen. Sie studierten etwa einzelne Arien in Stimmgruppen ein und lernten Kanons, die auf „Messias“-Themen basieren. Ein Konzert wurde kurzerhand zum „Musikalischen Weihnachtsgottesdienst“ umgeformt und zum Auftakt der Livestreams aus der Lutherkirche. Highlight war die Uraufführung eines Stückes, das die aserbeidschanische Komponistin Khadija Zeynalova eigens für diese Veranstaltung geschrieben hatte.
Im November 2021 war schließlich wieder ein Konzert in normaler Besetzung möglich. Unter dem Motto „Vom Dunkel zum Licht“ erklang der dritte Teil des „Messias“, flankiert von dazu passenden Bach-Arien, die die Solisten selbst ausgewählt hatten. „Da haben sich Verbindungen aufgetan, die so ursprünglich gar nicht geplant waren“, freut sich die Kantorin.
Am 3. April werden nun in der Markuskirche die noch fehlenden Teile eins und zwei aufgeführt, und das „Messias-Projekt“ kommt nach zwei Jahren zum Abschluss. Aus den geplanten drei Konzerten sind am Ende fünf geworden. Trotz aller Pandemie bedingten Unbill zieht Bettina Strübel ein positives Fazit: „Die Idee, ein Werk auf verschiedene Veranstaltungen zu verteilen, in unterschiedlichen Formaten mit anderem zu kombinieren, hat sich als anregend und in der Corona-Zeit als besonders gut erwiesen.“
Und die Fortsetzung folgt auf dem Fuß: In der zweiten Jahreshälfte sind zwei Konzerte zu „König David“ geplant. Dem gleichnamigen Oratorium von Arthur Honegger schließen sich im Dezember die „Weihnachtshistorie“ und Stücke aus den „Psalmen Davids“ von Heinrich Schütz an.
Georg Friedrich Händel: Messias Teil I und II in der Urfassung mit deutschem Text von Johann Gottfried Herder; Sonntag, 3.4.22, 18 Uhr, Markuskirche Offenbach, Obere Grenzstraße 90, Eintritt frei, Spenden erbeten; es gilt die 2G+-Regel, Anmeldung unter info@offenbacher-kantorei.de
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