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Protestantismus in Offenbach, Teil 2: Der Dreißigjährige Krieg und die Folgen

In einer kleinen Reihe schildern wir die Entwicklung des Protestantismus in Offenbach. Im zweiten Teil geht es um das 17. und 18. Jahrhundert, die auch in Offenbach von den Auseinandersetzung zwischen Reformierten und Lutherischen geprägt war.

Glaubensflüchtlinge willkommen: die Alte Hugenottenkirche in Offenbach auf einer Zeichnung von 1854.
Glaubensflüchtlinge willkommen: die Alte Hugenottenkirche in Offenbach auf einer Zeichnung von 1854.

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 hat auch auf die Konfessionen in der Region Auswirkung: Während die Herren von Offenbach und Rumpenheim der protestantischen Union angehörten, war der Kurfürst von Mainz als Herr über Bieber und Bürgel Teil der katholischen Liga.

Als Offenbach 1635 in Besitz der Landgrafen von Hessen-Darmstadt, die dem lutherischen Bekenntnis angehören, gerät, steht erneut ein Konfessionswechsel für die Untertanen an. 1642 allerdings erhalten die Isenburger Grafen Offenbach zurück, und nach erneutem Konfessionswechsel bleibt nun das reformierte Bekenntnis das für lange Zeit Vorherrschende.

Die Religionskriege und deren Folgen führen aber auch dazu, dass französische Glaubensflüchtlinge zum Ende des 17. Jahrhunderts ihren Weg nach Offenbach finden. Mit Graf Johann Philipp von Isenburg tritt 1685 ein Mann die Regentschaft an, der Offenbach entscheidend prägen wird: Der Graf gewährt den Glaubensflüchtlingen, sich in Offenbach und in dem eigens gegründeten Philippsdorf (später Neu-Isenburg zu Ehren des isenburgischen Grafen) anzusiedeln. Außerdem durften die 46 hugenottischen Familien 1699 eine eigene Gemeinde gründen, die noch heute bestehende Französisch-reformierte Gemeinde. Errichtet wurde deren Kirche im neuen Teil der nun beständig wachsenden Stadt – heute liegt die Französisch-reformierte Gemeinde im Zentrum Offenbachs. Ebenso gestattete Johann Philipp den Juden, sich in Offenbach anzusiedeln und eine Synagoge zu gründen.

Beide Gruppen, Hugenotten wie Juden, sorgten für einen Bevölkerungszuwachs und einen wirtschaftlichen Aufschwung, das ehemalige Fischer- und Bauerndorf blühte förmlich auf. Lebten in Offenbach im Jahr 1685 gerade einmal 600 Menschen, so sind es 30 Jahre später bereits mehr als doppelt so viele.

Ist das reformierte Bekenntnis auch vorherrschend, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts werden in den Quellen auch lutherische Gläubige genannt. Denen wird per Toleranzedikt gestattet, ihren Glauben zumindest im Privaten auszuüben, in der Öffentlichkeit herrscht weiter das reformierte Bekenntnis vor. 1734 wird den lutherischen Familien dann gestattet, lutherische Gottesdienste zu feiern – allerdings nur in der Friedhofskapelle am Stadtrand – heute liegt das Areal des ehemaligen Friedhofs mitten in der Stadt, es ist das des Wilhelmsplatzes.

Trotz dieses Zugeständnisses zogen es die Lutheraner vor, ihre Gottesdiensten in Fechenheim oder Oberrad zu feiern, bis ihnen dies untersagt wurde. Der Bau einer eigenen Kirche wurde notwendig, 1738 wurde dafür die Genehmigung erteilt. Das vorgesehene Grundstück für den Kirchenbau befand sich jedoch im Besitz von Löb May, der enteignet und mit 50 Gulden entschädigt wird. Das darauf befindliche Haus des jüdischen Metzgers Siesel Wachenbucher wird abgerissen und im September 1738 wird der Grundstein für die lutherische Kirche, die heutige Stadtkirche, gelegt.

Der Bau aber soll sich über Jahre hinziehen und verdeutlicht eine noch für lange Zeit prägende Ausgangslage in der Stadt: Während die beiden reformierten Gemeinden über Geld verfügen, sind die Angehörigen der lutherischen Gemeinde eher weniger begütert. Erst 1748 kann die Kirche eingeweiht werden. Zu den Besonderheiten der Kirche, die heute als Stadtkirche bekannt ist, gehört, dass sie nicht nach Osten ausgerichtet ist: Ihre Lage in der Straße machte diese Ausrichtung unmöglich.

Wesentlich schneller schreitet der Bau der neuen Kirche der reformierten Gemeinde voran: Um 1700 ist die alte Kirche nahe des Isenburger Schlosses zu klein geworden, das Gebäude wird abgerissen. Ende Juni kann der Grundstein für die neue Schlosskirche gelegt werden, die 1703 eingeweiht wird. Der Glockenturm – der einzige Teil der Kirche, der heute noch im Stadtbild zu sehen ist, wird jedoch erst 1713 vollendet. Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, lediglich die Ruine des Glockenturms blieb erhalten.

Zum Teil 1 der Serie Protestantismus in Offenbach - Der Beginn im 16. Jahrhundert

Zum Teil 3 der Serie Protestantismus in Offenbach - das 19. und frühe 20. Jahrhundert


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