Politik & Welt

Demokratie geht nur im Wir-Modus

Die Kinder und Jugendlichen, die unter dem Motto „Fridays for Future“ demonstrieren, fordern auch die Kirche heraus.

„Fridays for Future“-Demonstration an der Bockenheimer Warte. | Foto: Rolf Oeser
„Fridays for Future“-Demonstration an der Bockenheimer Warte. | Foto: Rolf Oeser

Kontrovers wird derzeit über die weltweiten Proteste von Kindern und Jugendlichen diskutiert. Auch in Frankfurt gingen unter dem Motto „Fridays for Future“ Tausende auf die Straße. Mit viel Engagement, das in diesem Ausmaß und in dieser Geschwindigkeit nur über die sozialen Medien möglich war, formierte sich eine Bewegung von jungen und sehr jungen Menschen, die eine tragfähige, zukunftsweisende Umweltpolitik fordern.

Es sind Mädchen und Jungen, die ihre eigene Zukunft schlechter einschätzen als die der Generationen vor ihnen. Sie befürchten Kriege, Unruhen, Flucht, den globalen Kollaps und das alles im Zusammenhang mit dem grassierenden Raubbau an unserem Planeten. Aber nicht nur Schülerinnen und Schüler wissen, dass es ernst ist. „Großeltern for Future“ war auf einigen Transparenten zu lesen. Eltern und andere Erwachsene, die die Proteste unterstützen möchten, haben sich in Frankfurt inzwischen als „People for Future“ organisiert. Der Protest weitet sich aus.

Nebenschauplätze bespielen derzeit diejenigen, die die Proteste während der Unterrichtszeit für falsch halten, und den Schülerinnen und Schüler vorwerfen, die Schule zu schwänzen. Andere erleben die aktuellen Proteste als Wiederbelebung einer politischen Kultur, ausgelöst von der „Generation Z“.

Widerstände und Proteste entstehen, wenn eine Mehrheit die eigene Komfortzone bedroht sieht. Dieser höchste Grad an Motivation ist derzeit offensichtlich erreicht und steckt viele an.

Aber es geht nicht nur darum, den Lebensstandard der reichen westlichen Gesellschaften zu halten. Sondern es geht um die demokratischen Werte, die jetzt eine Renaissance erleben müssen. Empowerment, Teilhabe, die Erfahrung, dass jeder und jede Einzelne etwas für das Große und Ganze bewirken kann. Zu erleben, dass das, was man selbst tut, zählt und wichtig ist.

Sollten die derzeitigen Protestaktionen diese Haltung unter jungen Menschen erreichen, dann wäre das eine großartige Leistung. Es ist aber auch eine Herausforderung für alle Institutionen, die einen pädagogischen Auftrag haben. Das sind nicht nur die Schulen, sondern auch Kirchengemeinden, Vereine, gesellschaftliche Organisationen.

Die Frankfurter Jugendkultur­kirche Sankt Peter nutzt ihre Platt­form bereits dafür, Jugendliche für die zivilgesellschaftlichen und politischen Bühnen unserer Zeit zu sensibilisieren und vorzubereiten – und könnte noch mehr in dieser Richtung tun. Die Konfirmation, die jetzt im Mai ansteht, bietet ebenfalls eine Chance, dass Jugendliche, auch im Sinne ihres christlichen Glaubens, den Weg zur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung finden.

Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche darin stark zu machen, sich als Teil des Ganzen zu begreifen: Eine Person, eine Stimme! Demokratie ist nicht einfach eine Formalie, sondern sie bedeutet die innere Haltung und Überzeugung, dass wirklich alle Gewicht haben sollen.


Mehr lesen:

Was Deutschland für den Klimaschutz tun muss

Kein Planet B

Klimaschutz braucht Bildung

Wie protestiert man richtig?


Autorin

Angela Wolf 117 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.

0 Kommentare

Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.

Artikel kommentieren

Wir freuen uns, wenn unsere Beiträge zu Diskussion und Austausch beitragen. Dabei bitten wir, auf angemessene Umgangsformen zu achten und die Meinung anderer zu respektieren. Bei Verstößen gegen unsere Netiquette-Regeln behalten wir uns vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.

Errechnen Sie die Summe der dargestellten Zahlen
Captcha =