Kirche muss ein Ort des Dialogs sein - auch mit den Gedanken der AfD
Die Diskussion hört nicht
auf. Die AfD sitzt mit 94 Abgeordneten, meist Männern, im Bundestag. Ein
Ergebnis der GroKo, der Großen Koalition, so lauten viele Erklärungsversuche. Wenn
die Parteien in der Mitte kaum noch zu unterscheiden seien, stärke dies die
Ränder, so die These. Doch stimmt das?
Selbstkritisch fragt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), ob in den Gemeinden die Fragen und Ängste aller 23 Millionen Protestantinnen und Protestanten Platz haben. In einem Impulspapier zum Thema Konsens und Konflikt stellt sie fest: „Als Kirchen können wir nur dann als politische Akteure für die Stärkung des demokratischen Gemeinwesens ernst genommen werden, wenn wir berücksichtigen, dass auch in unserer Mitte die Ängste vor dem Wandel und die Versuchung zur Abgrenzung anzutreffen sind. Die evangelische Kirche mit ihren knapp 23 Millionen Mitgliedern ist ein Spiegel der pluralistischen Gesellschaft.“
Den klaren Positionierungen der kirchenleitenden Personen und Gremien, dem Engagement vieler Gemeinden und Verbände für die Aufnahme geflüchteter Menschen stehe bei einem beachtlichen Teil der Kirchenmitglieder Skepsis hinsichtlich der wachsenden Vielfalt und des sozialen Wandels gegenüber.
Hier mahnt die EKD: „Unbeschadet des klaren und richtigen
Eintretens für die Rechte von Minderheiten und Geflüchteten müssen wir
wahrnehmen, dass die Sorge angesichts des Wandels und der Herausforderungen,
die eine pluraler werdende Gesellschaft und gerade auch die
technologisch-ökonomischen Veränderungen mit sich bringen, bis in die
Leitungsebenen der evangelischen Kirchen hineinreicht.“
Die Botschaft des Evangeliums ist eminent politisch. Der erste und vornehmste Ort dieser politischen Praxis der Kirchen ist das Miteinander sehr unterschiedlicher Menschen in den Gemeinden. Die Kirchen mit ihrer tiefen und breiten sozialen Verankerung sollen und wollen damit Foren sein, auf denen Konflikte ausgetragen werden, Ängste gehört und bearbeitet werden. Denn die Kirche ist „mitverantwortlich für die politische Kultur unseres Landes und für die Gestaltung unseres Gemeinwesens“, wie die EKD richtigerweise schreibt.
Die Demokratie ist mehr als
eine Regierungsform: Sie beschreibt, wie Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen
Interessen und Freiheiten mit den Vorstellungen anderer in einen für alle
förderlichen Ausgleich bringen können. Deshalb ist eine Demokratie nur stabil,
wenn sie eingebettet ist in eine politische Kultur, in der alle sich gegenseitig als Freie und Gleiche anerkennen und achten.
Kirchengemeinden haben hier eine besondere Chance, aber auch einen Auftrag.